Archiv der Kategorie: Landschaft / Umwelt

Vier Null Einfahrt – Vier Null Ausfahrt
Inga Barnick

Statement: Vier Null Einfahrt – Vier Null Ausfahrt

Vier Null Einfahrt-Vier Null Ausfahrt beschäftigt sich mit der Schachtanlage Asse II, einem ehemaligem Salzbergwerk südöstlich von Wolfenbüttel in Niedersachsen. Die Asse II wird als Atommüllzwischen-/ endlager genutzt. Bereits vor Beginn der Einlagerung der 126 000 Fässer mit radioaktivem Abfall war bekannt, dass Lösungszutritte den Salzstock und die Stabilität des Bergwerks gefährden. Man hat dennoch dort eingelagert, unter anderem weil das Bergwerk kostengünstig zu erwerben war.
Das Grubengebäude erstreckt sich bis in eine Tiefe von 850 m. Es herrscht trockene Luft bei 35–37°C. Der Berg ist ständig in Bewegung. Manche Bereiche sind einsturzgefährdet oder völlig unzugänglich. Die medial so präsenten gelben Fässer mit radioaktivem Abfall sind nicht sichtbar, sie lagern von Sorelbeton umschlossen in den Einlagerungskammern.

Schwerpunkt der Arbeit ist die Organisation, Ordnung und Strukturierung der Kleidung und Ausrüstung sowie die Infrastruktur dessen auf der Schachtanlage. Dieser Komplex teilt sich in den Bereich über Tage und jenen unter Tage auf: Über Tage wird die reguläre  Bergwerksausrüstung gelagert, gewaschen und sortiert. Unter Tage lagert die  Strahlenschutzkleidung. Sie wird im Ausland gesondert gewaschen und in verplombten Container auf das Schachtgelände geliefert. Die Container werden umgehend nach unter Tage gebracht und direkt in der Grube eingelagert. Ein Teil der Ausrüstung lagert neben einer  Einlagerungskammer. Über Tage herrscht ein hohes Maß an Ordnung, Genauigkeit, System
und Sauberkeit. Dies vermittelt einen sicheren und ordentlichen Eindruck, auch für Besucher. Die Infrastruktur unter Tage hingegen ist deutlich reduzierter, provisorischer und weniger ordentlich. Die Kleidung lagert mitunter gestopft, zerknittert oder durcheinander in den Regalen und Schränken.

Hier zu sehen ist ein Ausschnitt von Bilder über die Lagerung der Strahlenschutzkleidung unter Tage sowie die Schutzkleidung selbst.

Biografie

geboren 1989 in Hamburg
lebt und arbeitet in Braunschweig

seit 2011 Studium Kommunikationsdesign / Zeitbasierte Medien an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig
seit 2015 Pressefotografin in der Abteilung für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig
2015/2016 Auslandspraktikum in der „Pracownia Ekspansji Graficznej“ (Werkstatt für experimentelle und erweiterte Druckgrafik) als Assistentin von Prof. Dr. Małgorzata Warlikowska, Akademia Sztuk Pięknych im. Eugeniusza Gepperta we Wrocławiu (Polen)
2014/2015 Printmaking, Erasmus+ (Auslandsstipendium), Akademia Sztuk Pięknych im. Eugeniusza Gepperta we Wrocławiu (Polen)
2010/2011 Freiwilliges soziales Jahr Kultur (FSJ Kultur) an der Hamburger Kunsthalle

Füllort
Frank Sperling

Statement: Füllort

Die Schachtanlage Asse II ist ein ehemaliges Salzbergwerk, welches als geologisches Tiefenlager für radioaktive Abfälle dient und in den Asse Bergen von Wolfenbüttel liegt. Als möglicher Standort für die Endlagerung scheiterte die Asse auf ganzer Linie und verursachte einen der größten Umweltskandale der letzten Jahrzehnte in Deutschland. Nur durch große finanzielle und logistische Bemühungen konnte ein Kollabieren der Mine verhindert werden. Es gibt derzeit Bestrebungen die radioaktiven Abfälle zu bergen und zu verlegen – ein geeigneter und sicherer Standort wurde bis heute jedoch nicht gefunden. Die Rückholung der radioaktiven Abfälle und die Stilllegung des Bergwerkes stellt für Deutschland eine der größten ökologischen Herausforderungen der nahen Zukunft dar.

Für mein Projekt Füllort besuchte ich wiederholt die Schachtanlage und nahm Polaroid-Fotos von mehr oder weniger zufällig ausgewählten Szenen der Mine auf. Noch „unter Tage“ befüllte ich die Polaroids unbemerkt mit Salz und Schmutz der Asse und störte dadurch den Entwicklungsprozess der Bilder. Das Salz verschmolz mit der Entwicklerschicht und wurde somit Teil der Arbeit. Die Polaroids wiederum dienen somit als kleine Container für das stark gesicherte aber gleichzeitig bedeutungslose Material der Asse.

 

Biografie

geboren 1984 in Neustrelitz
lebt und arbeitet als freiberuflicher Fotograf in Berlin

Studium / Lehre
Seit 2015 Dozent für Fotografie, BEST-Sabel Designschule Berlin
2011-2015 Studium Communication Arts (M.A.), Schwerpunkt Fotografie bei Prof. Gosbert Adler und Prof. Bettina Lockemann, Hochschule für Bildende Künste Braunschweig
2011 Bachelor, Kommunikationsdesign (B.A.), Schwerpunkt Fotografie bei Prof. Peter Hendricks, Muthesius Kunsthochschule Kiel
2009-2013 Dozent im EVA-Programm des Photo + Medienforums Kiel
2004-2007 Ausbildung zum Fotografen

Stipendien und Preise (Auswahl)
2015 Voies Off Prize, Arles, Frankreich, Finalist
2015 Dummy Award, Shortlist
2013 ISAP Stipendium des DAAD, Studienaufenthalt am ITB Bandung, Indonesien

Ausstellungen (Auswahl)
2016    Das Unsichtbare sichtbar, Niedersächsische Landesvertretung, Berlin
2015    Voies Off Prize, Arles, Frankreich
2015    Dummy Award 2015, Shortlist, Fotobookfestival, Kassel; Fotoleggendo, Rom; IED, Madrid; PhotoIreland, Dublin; Kaunas Photo, Kaunas; Fotobok Festival, Fotogalleriet, Oslo; Encontros da Imagem, Braga; Fotobok Gbg 15, Göteborg; Fotoistanbul, Istanbul
2015    Private Hermann, in der Ausstellungsreihe „Seizing the Ivory Tower“, KW Institute for Contemporary Art, Berlin (Einzelausstellung)
2015    Ort und Irrtum, Galerie 52, Essen und Galerie Bohai, Hannover
2015    Es schien Sinn im Versuch, Flur11, Braunschweig (zusammen mit Hauke Burghart)
2014    14. Kunstmarkt, Hochschule für Bildende Künste, Braunschweig
2014    Rundgang/Open Studios, Hochschule für Bildende Künste, Braunschweig
2013    Es rauscht im Ayranbrunnen, Galerie der HBK, Braunschweig
2012    photokina academy, Köln

Bücher und Kataloge
2015 Ort und Irrtum, Ausstellungskatalog, Galerie Bohai Hannover
2011 Wort für Wort, hrsg. von Oswald Egger
2011 Das schönste Kiel, hrsg. von Martin Fengel
2011 Körpersichten, Ausstellungskatalog
2009 3meter50, Ausstellungskatalog

www.franksperling-photo.com

Es war einmal … – die unberührte Natur
Max Weise

Statement: Es war einmal … – die unberührte Natur

Die Fotoarbeit Es war einmal … – die unberührte Natur (2014) hinterfragt den Gegensatz zwischen real vorhandener Natur – und den inneren Bildern (englisch: Image; Vorstellungsbild), die wir von ihr haben. Das so genannte Image der Natur gleicht nicht immer dem, was wirklich vorgefunden wird, vorausgesetzt man geht davon aus, dass es sich bei der Bedeutung von Natur um etwas vom Menschen unbeeinflusstes handelt.

Für viele steht der Wald als Inbegriff für Natur. In Wirklichkeit ist der Wald das Gegenteil von unberührter Natur. Es gibt deutschlandweit nirgends mehr Urwald und die meisten noch vorhandenen Wälder, vor allem die in der Nähe von Zivilisation, sind schon seit Jahrhunderten intensiv vom Menschen genutzt.
Spricht man nun von „unberührter“ Natur, dürfte diese aber genau genommen noch nie von einem Menschen betreten worden sein. In diesem Fall können wir keine Aussage mehr über sie machen, es gibt sie genau genommen für uns selbst gar nicht mehr und jeder bildet sich seine eigene Bedeutung für den Begriff Natur.

Da sich, wie jede andere Ansicht auch, das Naturbild eines jeden durch seine Erfahrungen definiert, spielen dabei die Medien, besonders für meine Generation (1987), eine entscheidende Rolle. Schon seit Kindheit stehen wir unter dem Einfluss von diversen Medien. Die dauerhafte Präsenz hat inzwischen dazu geführt, dass die künstliche Bildwelt eine sekundäre Realität angenommen hat. Es entsteht nach und nach eine Hyper-Realität, in der Wirklichkeit und Künstlichkeit verschmelzen. Eine Realität die zudem immer mehr mit der echten Wirklichkeit, um unsere Aufmerksamkeit konkurriert.

Bei den Fotografien der Serie Es war einmal … – die unberührte Natur handelt es sich um Inszenierungen. Es werden vermeintlich natürliche Orte gezeigt, welche durch den bewussten Einsatz von künstlichem Licht und der digitalen Bildbearbeitung verändert wurden.
Es kommt nun auf die Wirkung beim außen stehenden Betrachter an, ob er die Bilder, seinem Naturbild entsprechend, als Darstellung der Natur akzeptiert oder nicht.

Biografie

geboren 1987 in Braunschweig
lebt und arbeitet als freier Fotograf und Künstler in Berlin

2015/2014 Fotoassistenz bei Steffen Jänicke in Berlin
2014/2013 Künstlerassistent bei Pierre Descamps in Berlin
2013-2009 Bachelorstudium „Grafikdesign“ an der HAWK Hildesheim; Schwerpunkt Fotografie bei Prof. Hans Pieler
2009 Ausbildung zum Mediengestalter für Digital- und Printmedien

www.maxweise.net

Die Heide – Erinnerungsschichten einer historischen Kulturlandschaft
Anja Putensen

Statement: Die Heide – Erinnerungsschichten einer historischen Kulturlandschaft

Die Lüneburger Heide ist eine historische Kulturlandschaft im Nordosten Niedersachsens, welche seit der Jungsteinzeit durch Überweidung der ehemals weit verbreiteten Wälder entstanden ist. Heute wird die Landschaft mit lila Heidekraut, Wacholdern und Birken durch umfangreiche Maßnahmen erhalten. Bis in das 19. Jahrhundert war die Heidebauernwirtschaft in dieser kargen und dünn besiedelten Landschaft prägend. Mit der industriellen Revolution wurde die Heidelandschaft schützenswertes Gegenbild zum Leben in den Großstädten: Die Wanderbewegung mit hohen Besucherzahlen mündete in die Gründung eines bedeutenden Naturschutzparks. Der Tourismus ist heute unverzichtbar für die Region. Für Teile des Gebietes wird gemeinsam mit anderen europäischen Heide-Weidelandschaften (Frankreich, Norwegen, Portugal) eine Aufnahme in das UNESCO-Weltkulturerbe beantragt.

Grosses Interesse an der Heide hatte auch das preußische Kriegsministerium, welches Flächen für Truppenübungsplätze und Truppenlager ab 1891 aufkaufte und mit Hindenburg als Oberst nutzte – ab dieser Zeit fand eine intensive militärische Nutzung statt (Bedeutung im Ersten Weltkrieg, Kriegsgefangenenlager, Versuchsgelände im Zweiten Weltkrieg, KZ Bergen Belsen, Besetzung britischer Truppen bis 1993, seit 1956 Bundeswehr). Spuren sind bis heute in der Landschaft sichtbar.

Mit dieser fotografischen Arbeit möchte ich unterschiedliche historische Schichten gleichzeitig sichtbar machen, Spuren suchen, Erinnerungsbilder erschaffen. Von wichtiger Bedeutung ist dabei das „Idealbild der Heimat“ – ein einfaches Leben in Harmonie mit der Natur. Dieses Bild war Motor der Wanderbewegung, im Nationalsozialismus wurde es für ideologische Zwecke benutzt, heute dient es dem Fremdenverkehr.

Die Fotografien sind auf analogem Rollfilm entstanden.

 

Biografie

geboren 1977 in Winsen/Luhe

Ausbildung
2013 Mitglied im BBK Hamburg (Bund Bildender Künstler)
2010-2012 Neue Schule für Fotografie Berlin, Abschluss 2012 bei Eva Maria Ocherbauer
Gast an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg im Seminar von Nils Emde
2007-2010 Masterstudium der Kunsttherapie an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee
Gaststudium an der Hochschule für Künste Bremen mit Fotoseminaren u.a. bei Wolfgang Zurborn und Peter Bialobrzeski
1997-2003 Studium u.a. in den Fächern Kunst, Philosophie und Psychologie an der Universität Lüneburg

Ausstellungen und Publikation
2016 DIE HEIDE, Ausstellung in der Kulturbäckerei Lüneburg
2015 Fotobuch “ABSCHIEDSBRIEFE – Auf den Spuren von Helmuth James und Freya von Moltke“, Buchpublikation im KERBER Verlag
2014 MACHT, Gruppenausstellung im Kunsthaus Hamburg
2013 POSITION, Gruppenausstellung des BBK Hamburg
2012-2014 INFEKTIÖS, Gruppenausstellung im Haus der Wissenschaft Braunschweig (Preisträgerin der Hemholtz Stiftung)
2012 IN SEARCH OF, Abschlussausstellung im Rahmen des Europäischen Monats der Fotografie, Galerie der Neuen Schule für Fotografie, Berlin
2011 Einbohrungen ins Soziale Milieu – Fotografische Feldforschungen, Gruppenausstellung Galerie Genscher, Hamburg
2010 Abschlussausstellung des Masterstudienganges Kunsttherapie in der Kunsthochschule Berlin-Weißensee
2009 DFA-Portfoliowalk, Präsentation in den Deichtorhallen, Hamburg
2009 IMAGO, Stadt-Plan-Bremen, Gruppenausstellung, Galerie der Hochschule für Künste Bremen

www.anja-putensen.squarespace.com

Kaliwerk Zielitz
Dieter Rixe

Statement: Kaliwerk Zielitz

Seit 1973 ist das Kaliwerk Zielitz in Betrieb. Im Jahre 1993 wurde das Werk Teil der K+S Gruppe und stellt heutzutage einen der größten Arbeitgeber der Region. Das Werk Zielitz gewinnt jährlich 12 Millionen Tonnen Kalirohsalz, was zu Kalidüngemitteln und Industriesalzen für die chemische Industrie aufbereitet wird. Mit etwa 1700 Beschäftigten ist es einer der größten Arbeitgeber der Region.

Die Kalilagerstätte am Standort Zielitz, nördlich von Magdeburg, gilt – wegen ihres hohen Gehalts an Kaliumchlorid – als eine der wertvollsten in Deutschland. Nach der Menge der Rohsalzförderung ist das Kaliwerk Zielitz weltweit eines der größten Kaliwerke.

„Dieser riesige, manchmal weiß wirkende, monolithische Berg ist von weitem schon von der Autobahn aus zu sehen. Die Begegnung war für mich wie eine Reise in eine mondkraterähnliche Welt. Reste von Arbeitsgeräten, Transportbändern usw. liegen verlassen. Erosionen lassen die schrundigen Strukturen, wie Risse und Spalten, optisch reizvoll erscheinen – ein fotografisches Erlebnis!“ Dieter Rixe

Biografie

geboren 1947 in Bielefeld
1964 Lehre zum Schriftsetzer
danach Studium der Visuellen Kommunikation an der FH Bielefeld, Abschluss als Fotodesigner
seit 1973 in Braunschweig
Studium an der HBK Braunschweig in der Foto- und Filmklasse, 1. Staatsexamen Höheres Lehramt / Referendariat
seit 1980 selbständiger Fotograf in Braunschweig
Beruflicher Schwerpunkt: fotografische Illustrationen für diverse Verlage
Ausstellungsbeteiligungen
Gründungsmitglied der Fotogruppe „punctum“ 1997

Schneeheide // Niedersachen // Ein Gewerbegebiet entsteht
Tabea Borchardt

Statement: Schneeheide // Niedersachen // Ein Gewerbegebiet entsteht

Tag für Tag bin ich die B209 zwischen Klein Eilstorf (meinem ehemaligem Wohnort) und Walsrode hin und her gefahren. Dort, wo nun so obskure Bauskulpturen auftauchen, war ewig Brachland. Landwirtschaftliche Nutzung und Waldfläche überwiegen entlang dieser Strecke. 2015 begann dann der Bau eines Industriegebiets direkt an der Autobahnauffahrt Walsrode-West. Dafür mussten u.a. auch die wenigen Wohnhäuser, die dort standen, weichen. Der allbekannte Anblick veränderte sich im rasanten Tempo – vor allem die Zeit, in der das Land aufgerissen wurde, faszinierte mich. Nun sieht es nicht mehr aus wie früher. Ruhig und still. Sondern groß und leer, aber planiert und verziert durch eine beleuchtete Straße zum „Home24“-Lagerhaus, welches auf diesen Bildern nur als Baugerippe sichtbar ist.

Die obigen Bilder zeigen einen Ausschnitt der bisherigen Aufnahmen. Weitere werden stetig bei
den Besuchen der alten Heimat „Heidekreis“ neu aufgenommen.

 

Biografie

seit 2013 Studium der Fotografie an der Folkwang Universität der Künste Essen
2011-2012 freie Assistenz des Fotografen Christian Homann
2011-2012 Dozentin an der Kinderkunstschule Simsalabunt
2005 – heute freies fotografisches Arbeiten & Lernen

Ausgewählte Ausstellungen
2016 Studierendenausstellung (Arbeit: Nach den Dingen), Evangelisches Krankenhaus Herne
2015 Fotografische Formate: Der ungeklärte Augenblick, Bürgermeisterhaus Essen-Werden (unter Prof. Elke Seeger)
2015 Kunstfestival, 686 gallery, Köln
2015 eswirdsogarschön, Paper Planes Buch-Event, Essen
2015 Folkwang*Inside
2014 Semesterausstellung Folkwang UdK, Verteilerebene U-Rathaus Essen
2014 Von Treibgut, Ebbe und Flut, outofmymind Galerie Bremen (Einzelausstellung)
2014 Vom Leben und Sterben, YOLO*1, Düsseldorf
2014 Über das Sterben, Hospiz & Krankenhaus Moers

www.tabeaborchardt.com

Planen
Hans Schlimbach

Statement: Planen

Sie sind selbstverständlich geworden im Blick auf die niedersächsische Landschaft: Deichplanen, Industrieplanen, Abdeckplanen, Flutsäcke. So selbstverständlich, dass man daran vorbeisieht, sie nur noch im »Subtext« alltäglicher Wahrnehmung verortet. Keine industrielle Landwirtschaft kommt ohne sie aus, sie dienen als »Tragetaschen« für Asbest, zur Verfestigung aufgeweichter Deiche und – eilig mit Sand gefüllt – als improvisierte Flutsäcke bei Überschwemmungen. Zumeist etwas verschämt im Gebüsch versteckt – aber auch zur Abdeckung von Kartoffelmieten an den Feldrändern. So sind sie beides: eigenwillige ästhetische Objekte und deutliche Zeichen für den Eingriff des Menschen in die Natur.

Biografie

geboren 1952 in Bensberg bei Köln
lebt und arbeitet als Buchgestalter in Gartow, Wendland

Künstlerischer Beirat im Westwendischen Kunstverein
Fotografischer Schwerpunkt in den »freien Arbeiten«: Soziale Landschaftsfotografie
www.hwschlimbach.com

Der Hafen in Wittingen
Dorota Hoffmann

Statement: Der Hafen in Wittingen

Lage: 6 km westlich von Wittingen, am Elbe-Seitenkanal, LK Gifhorn, Niedersachsen

Ausgerechnet in Wittingen, wo kein Wasser floss, kein Mensch von Schiffen träumte, ist vor 40 Jahren ein Binnenhafen feierlich eröffnet worden. Aus heutiger Sicht ist diese Investition auf keinen Fall daneben gegangen, obwohl sie ein Teil eines größeren Vorhabens war, das in äußerst ungünstigen Zeiten zustande kam. Denn was macht man, wenn eine gemeinsam genutzte Straße auf einmal geteilt wird und ein wichtiges Teil davon durch das Grundstück des Nachbarn verläuft?
Genau, man baut ein passendes Verbindungsstück auf dem eigenen Gelände und freut sich, wenn dabei noch eine Abkürzung gelingt. So könnte man etwa in Kürze den Bau des 115 km langen Elbe-Seitenkanals (ESK), samt seiner drei Häfen in Wittingen, Uelzen und Lüneburg schildern.
Erbaut wurde der ESK noch während der deutschen Teilung (1968-1976) und stellte eine fehlende Verbindung zwischen dem Mittellandkanal und der Elbe auf einer neuen Strecke her. Die so entstandene Wasserstraße hat nicht nur die Entfernung zwischen dem Mittellandkanal und der Elbe um gute 33 km verkürzt, sondern auch die Sicherheit des Binnenwasserverkehrs durch den gleichbleibenden Wasserpegel wesentlich erhöht.
Der Wittinger Hafen selbst hat sich in den vergangenen vier Jahrzehnten zu einem Importhafen entwickelt. Betrieben von der Osthannoverschen Umschlagsgesellschaft mbH (OHU), werden hier überwiegend landwirtschaftliche, Forst- und Mineralölprodukte umgeschlagen. Beim Schiffsumschlag ist er der leistungsstärkste Binnenhafen am ESK. Der Standort des Hafens zwischen dem Seehafen Hamburg im Norden und seinen Wasserstraßenverbindungen bis nach Ost- und Südeuropa trägt von Tag zu Tag mehr zu seiner internationalen Bedeutung bei.
Die Stärkung seiner wirtschaftlichen Position sieht die Eigentümerin des Hafens – die Stadt Wittingen – wie dessen Betreiber und Partner in der zukünftigen Anbindung des Hafens an die A39, die in der Nähe von Wittingen verlaufen soll.
Bis dahin werde ich wohl noch einige Gelegenheiten haben, die Ruhe des Wittinger Hafens im letzten Tageslicht festzuhalten.

Biografie

geboren in Polen
lebt in Berlin
arbeitet als Journalistin und Fotojournalistin in Berlin, Italien sowie seit einigen Jahren in Niedersachsen

Ihr Projekt Der Hafen in Wittingen entstand während ihrer privaten Entdeckungsreise im Landkreis Gifhorn in den Jahren 2012-2016. In einem weiteren regionalbezogenem Projekt widmet sie sich der ländlichen Architektur im oben genannten Landkreis.

 

Strassenbahn nach Riddagshausen
Rainer Löwen

Statement: Strassenbahn nach Riddagshausen

Aus einem Wikipedia-Artikel über die Braunschweiger Straßenbahnlinien ist zu entnehmen, dass die Linie nach Riddagshausen offenbar erst nach 1945 gebaut wurde und eine zeitlang bei Ausflüglern sehr beliebt war – bis die zunehmende Individual-Motorisierung die Bahn unattraktiv machte und sie im Jahre 1963 stillgelegt wurde.

Die Gleise wurden jedoch zunächst nicht entfernt, jedenfalls nicht vollständig. Längs der Ebertallee im Bereich zwischen Georg-Westermann-Allee und Herzogin-Elisabeth-Straße lagen sie noch im Jahr 2006 und 2007, waren allerdings überwuchert von einem kleinen Wäldchen hauptsächlich aus Hainbuchen. In dieser Zeit sind die Fotos entstanden.

Ganz so als sei das Fotografieren einer verantwortlichen Person aufgefallen und dadurch das Versäumnis ihr zu Bewusstsein gekommen, wurde der Gleiskörper nur ein oder zwei Jahre später aufgerissen und die Gleise wurden entfernt.

Erst jetzt, im Jahre 2016, ist mir aufgefallen, dass dabei Reste zurückgeblieben sind, die die Bäume nicht hergeben wollten – zu sehen auf dem letzten Bild der Serie.

Die Fotografien wurden mit einer Canon 5D und Tilt- und Shift-Objektiven von Canon ausgeführt. Dies ergibt die Möglichkeit, die Gleise in ihrer ganzen Ausdehnung scharf darzustellen, während gleichzeitig alles darüber und darunter mehr oder weniger verschwimmt. So erhalten die Gleise trotz des sie verdeckenden Baumgewirrs eine deutliche Präsenz.

Biografie

geboren 1947
Professor für Mathematik
seit 1987 in Braunschweig
seit 2015 im Ruhestand

Fotografische Arbeit seit 1970, damals schwarz-weiß mit eigener Laborarbeit. Später auch Farb-Dias und um 1980 Arbeit mit Linhof-Fachkameras. Fotografie von Mitte der 1980er Jahre bis 1995 eingestellt. Damals Beginn der Bildbearbeitung am Rechner, zunächst mit digitalisierten Dias. Mit der Markteinführung der Canon D300 Einstieg in die volldigitale Fotografie.

Ausstellungen
seit Mitte der 1990er Jahre:
Technischen Universität Braunschweig (alte Mensa, Mensa Katharinenstraße)
Universität Lüneburg
Torhaus des Botanischen Gartens (zusammen mit Ingeborg Hollmeyer)
Kloster Brunshausen bei Bad Gandersheim
Galerie Hedehusum auf Föhr (zusammen mit Sabine Hoppe)
Atelier der Bildhauerin Sabine Hoppe (zusammen mit Sabine Hoppe)

Meine Themen finde ich überall da, wo Dinge verfallen oder ein Schattendasein führen und wo das aufmerksame Auge der Kamera bisher unentdeckte Reize aufspüren kann.

Waldfrevel im Querumer Forst zu Braunschweig
Gerd Salzer

Statement: Waldfrevel im Querumer Forst zu Braunschweig

Der Anfang des Ausbaus der Start- und Landebahn des Braunschweiger Flughafens im Jahre 2010 war das traurige Ende des Landschafts- und Vogelschutzgebiets Querumer Forst.

Angeblich sollte die Verlängerung der Piste das Potenzial des Forschungsflughafens erhöhen und u. a. Tests und Flugversuche mit dem Airbus A320 ermöglichen. Eines dieser Großflugzeuge gehört zur VW-Flotte. Ob der Ausbau Sinn macht oder in erster Linie der Bequemlichkeit des VW-Konzerns dient, ist bis heute heiß umstritten. Es ist auf jeden Fall ein schwerwiegender Eingriff in das Ökosystem und verändert dauerhaft die Verkehrssituation im Norden Braunschweigs.

Trotz zahlreicher Bürgerproteste, demonstrativer „Waldspaziergänge“, Mahnwachen und anderen Aktionen von Natur- und Umweltschützern sowie der besonders betroffenen Anwohner in den nahegelegenen Ortsteilen begann im November 2010 der Großangriff auf den Wald. Mit schwerem Gerät wurden in der Folgezeit ca. 43.000 Bäume abgeholzt oder gekappt, eine Fläche von 90 ha gerodet. Dabei ging es nicht nur um „Stangenholz“, welches „geerntet“ wurde, wie es die Befürworter der Pistenverlängerung verniedlichend nannten, sondern auch um bis zu 200 Jahre alt gewordene Eichen und Buchen. Erschüttert habe ich fotografiert, was aus dem ausgewiesenen Naturschutzgebiet wurde.

Zwar hat man begonnen, im weiteren Umland ersatzweise aufzuforsten – ob das aber den angerichteten Schaden heilen wird, ist zu bezweifeln. Auf sauerstoffspendende Waldgebiete, in denen Menschen und Tiere leben und sich erholen, in denen die vertriebenen Vögel wieder nisten können, werden wir wohl noch lange warten müssen. Der Grundwasserspiegel muss sich neu einpendeln. Übrigens präsentiert sich der Flughafen Braunschweig–Wolfsburg nicht mehr so sehr als Forschungsflughafen, sondern als attraktiver und leistungsfähiger Partner im Geschäftsreiseverkehr. Sein jährliches Defizit liegt laut TAZ (Dezember 2015) allerdings bei 2,5 Millionen Euro. Ende 2015 verkündete VW-Chef Müller derselben Quelle zufolge, dass VW seinen Business–Airbus A319 abschafft. Die verlängerte Piste bleibt. Der Wald ist weg.

Biografie

geboren 1938 in Halle (Saale)
Lehre als Stahlbauschlosser
Einführung in die Foto- und Fotolaborarbeit im Ausbildungsbetrieb
weiter Autodidakt
Studium der Regional- und Wirtschaftswissenschaften
Angestellter
1992 Ausbildung zum Public Relations-Berater
seit 1995 in Braunschweig
1996-1997 Mitarbeit im Museum für Photografie Braunschweig
Mitwirkung in der Arbeitsgruppe Fotografie des Louise-Schroeder-Hauses Braunschweig (LSH)
Mitwirkung an thematischen Einzel- und Gesamtausstellungen im LSH, im Kulturzentrum Brunsviga sowie in diversen Begegnungszentren der Stadt Braunschweig