„Mir war klar, wenn ich mit der Ausbildung fertig bin, dann werde ich nicht Drogist, sondern Fotograf.“ (Heinrich Riebesehl in einem Gespräch mit Ulrike Schneider, 2004)
Der 1938 im Emsland geborene Heinrich Riebesehl studierte in der Werkgruppe Fotografie bei Prof. Dr. Otto Steinert an der Folkwangschule für Gestaltung in Essen. 1972, kurz vor Abschluss seines Studiums, war Riebesehl gemeinsam mit befreundeten Fotografen Mitbegründer der Spectrum Photogalerie in Hannover – eine der ersten Galerien Europas mit dem Schwerpunkt Fotografie, die dann sieben Jahre später in das neu eröffnete Sprengel Museum integriert wurde. In dieser Zeit entstanden einige der bedeutendsten Serien Riebesehls. Darunter „Menschen im Fahrstuhl“ (1969), „Situationen und Objekte“ (1973-77) und „Agrarlandschaften“ (1976-79). Insbesondere die Handschrift der Bildserie „Agrarlandschaften“ prägte den dokumentarischen Stil der Fotografie in Deutschland.¹ Drei Jahre reiste Riebesehl dafür durch Niedersachsen und erkundete mit distanziertem Blick und hoher Präzision die norddeutsche Landschaft. Dabei entstanden über 3.000 Negative, von denen schließlich 78 Schwarz-Weiß-Aufnahmen den Weg in die Serie fanden. Das Augenmerk des Fotografen lag hierbei vorrangig auf ganz alltäglichen Ansichten und Situationen, an denen im Normalfall achtlos vorbeigegangen wird. Riebesehl hingegen blieb stehen, drückte auf den Auslöser und wurde so zum Chronisten der vielfältigen niedersächsischen Landschaft. Die Bilder sind meist menschenleer und wirken deshalb distanziert, aber dennoch nicht verloren. Um den speziellen und spezifischen Charakter dieser Serie darzustellen, verzichtete er bewusst auf spektakuläre Perspektiven und jegliche fototechnische Manipulation. Sowohl durch den schlichten Stil als auch durch die nüchterne Betrachtung in „Agrarlandschaften“ führte Riebesehl die Landschaftsfotografie auf ein neues Niveau. „Über die Dinge und nicht mit den Dingen Bilder machen“, so beschrieb Heinrich Riebesehl oft seine Art zu fotografieren. Dieses Vorgehen spiegelt sich besonders in dieser wohlüberlegten und aussagekräftigen Arbeit wieder, die ihn auch international bekannt machte. [sa]
¹ Freddy Langer von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung bezeichnete die Serie Agrarlandschaften 2004 als „Meilenstein der deutschen Fotografie“.