Cem Alexander Sünter, aufgewachsen in Braunschweig, Ankara und Düsseldorf, begann im Alter von sechs Jahren mit dem Fotografieren. Nach seinem Studium der Philosophie und Romanistik an der Technischen Universität Braunschweig schließt sich ein Studium der Fotografie an der Hochschule für Bildende Künste ebenfalls in Braunschweig an. Als Lektor für deutsche Sprache, Landeskunde, Literatur und Philosophie war Cem Alexander Sünter an den Universitäten Paris XII und Cergy-Pontoise tätig. An der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig unterrichtete er Ästhetik, Dokumentarfotografie und Geschichte der Fotografie.
Sünter hat sich sowohl theoretisch als auch praktisch intensiv mit der Fotografie auseinandergesetzt. Nach dem Fall der Mauer war für ihn insbesondere die Erkundung des ostdeutschen Raumes interessant. Sünters Fotografien aus der Serie Zuckerfabriken, die 1990 in Andersleben/Bode und Weferlingen in Sachsen-Anhalt entstanden sind, halten einen bestimmten Zeitpunkt der ostdeutschen Industrielandschaft nach der deutschen Wiedervereinigung fest.
Die stillgelegten Industrieanlagen wurden 1991 abgerissen und Wohnsiedlungen, Einkaufszentren und Gewerbegebiete sind stattdessen entstanden. Die Situation, die Sünter noch 1990 vorfand, beschrieb er wie folgt: „Zum ersten Mal gelangte ich im Winter 1990 zur Fabrik nach Weferlingen. Die letzte Rübenkampagne war gefahren. Ein eisiger Wind ging über das karge Land. Hier und da bedeckten Schneereste den feuchten Boden. Obwohl die Fabrik stillgelegt war, – „tot“, wie mir ein Arbeiter sagte – wurde sie weiterhin beheizt. Übrig blieben vereinzelte Arbeiter, nunmehr in Hausmeisterfunktion. Im Inneren des Backsteingebäudes moderten verdreckte Sanitäranlagen in Stille dahin, bisweilen nur unterbrochen durch das Tropfen undichter Wasserhähne. Eingestaubte Kaffeetassen standen in den Sozialräumen auf den Tischen. Es sah nach überhastetem Aufbruch aus, so als habe die Belegschaft ihre Fabrik von einer Minute auf die andere verlassen, während die gewichtigen gusseisernen Maschinen geduldig auf ihr Demontage warteten.“
Der sichtbare Verfall der Zuckerfabriken in Sünters Fotografien steht nur auf den ersten Blick im Vordergrund. Vielmehr geht es Sünter darum, die Spuren einer Zeit aufzuzeigen, wenn auch zeitlich versetzt, die sowohl im Westen als auch im Osten anzutreffen war. In den Fotografien wurde auf eine Ästhetisierung des Verfalls verzichtet und eher die von Leere und Verlassenheit geprägten Orte in den Fokus genommen. [cm]