Archiv der Kategorie: Braunschweig

Seitenblicke
Siegfried Trogisch

Statement: Seitenblicke

Die Bildserie „Seitenblicke“ entstand im Rahmen eines Buchprojektes, in dem sich der Autor und Fotograf Siegfried Trogisch mit der Geschichte und der urbanen Atmosphäre des Östlichen Ringgebietes in Braunschweig auseinandersetzte (Siegfried Trogisch, Zeitenwechsel – Von Kutsche und Konserve zu Kunst und Kaffee: Das Östliche Ringgebiet in Braunschweig. 2012. Unveröffentlichtes Manuskript.)

Die Arbeit „Seitenblicke“ ist dabei das Ergebnis des Versuchs des Autors, sich als Flaneur im Quartier zu bewegen und dabei dessen besondere Atmosphäre subjektiv zu erleben und als „urbanes Stillleben“ fotografisch einzufangen. Die Ergebnisse beinhalten insoweit Komponenten des Genres der Straßenfotografie. Er nutzt die Schaufenster für „Erzählungen“ über die quartiersbezogenen Aktivitäten hinter dem Fenster, wie auch als Spiegel des urbanen Umfeldes, das sich davor entwickelt. Die Ergebnisse schwanken zwischen surrealen und dekonstruktivistischen Bildeindrücken.

Biografie

Siegfried Trogisch, geboren 1940, lebt seit 1986 in Wolfsburg.
1961-1968 Architektur-Studium (Hochbau, Städtebau und Wohnungswesen) an der TH/TU Braunschweig, 1968 Dipl.-Ing., Architekt
1968-2004 Projektmanagement und Unternehmensleitung in der Planungs-, Stadtentwicklungs- und Immobilienwirtschaft
seit 2004 Berater, ehrenamtliches Engagement, Autor und Fotograf
2004-2008 Hochschule für Bildende Künste Braunschweig, Fotografische Arbeiten bei Sonja Wegener und Maria Sefsz, Gasthörer und Privatunterricht
www.siegfried-trogisch.de

Die Proteste gegen den Wiederaufbau des Residenzschlosses
Karl-Christian Amme

Statement: Die Proteste gegen den Wiederaufbau des Residenzschlosses

Am Kriegsende 1945 war ich knapp neun Jahre alt. Wir wohnten in der Fasanenstraße. Unser Spielplatz waren die ringsherum ausgebombten Ruinen, der Museumspark sowie der Theaterpark und in der Hauptsache die Schlossruine. Der erste Raum, den wir entdeckten, war der Spiegelsaal. Viele Spiegel waren unbeschädigt. Doch als wir den Raum verließen, war kein Spiegel mehr ganz. Die Treppe zur Quadriga war abgebrannt, das Geländer stand aber noch. Am Geländer sind wir nach oben geklettert. Die Quadriga war eine Etage tiefer gesackt, war aber noch komplett in Ordnung. Wir ritten auf den Pferden, was nicht ganz einfach war, da diese doch riesig groß waren. Eines Tages war von der Quadriga nur noch das Rundstahlgerüst übrig. Hiervon hat Hans Steffens eine Fotografie gemacht. Wie er da hoch gekommen ist, weiß ich nicht.

1955 übereignete das Land Niedersachsen die Schlossruine der Stadt Braunschweig mit der Auflage, es innerhalb von fünf Jahren wieder aufzubauen oder abzureißen. 1960 wurde im Rat der Stadt Braunschweig mit zwei Stimmen Mehrheit beschlossen, die Schlossruine abzureißen. Unter starken Protesten der Braunschweiger Bevölkerung wurde damit am 18. März 1960 begonnen. 1963 wurde der nun neu gestaltete Schlosspark eröffnet. In den Jahren 1973 – 74 wurde der Park umgestaltet und mit einem Wasserbecken versehen, in dem original korinthische Kapitelle der Schlossportikus-Säulen platziert wurden. Eine gläserne Pyramide wurde errichtet, welche als Lesestube der öffentlichen Bücherei Benutzung fand. Später war dort ein gern besuchtes Café (Cristallo).

Am 20. April 2005 wurde das gesamte Areal des Schlossparks mit einem ca. 3 m hohen Bauzaun abgesperrt und das gesamte Inventar (wie Spielgeräte, Skulpturen, Lampen und andere Dekorationsgegenstände) fiel dem ECE¹ zu. Am 18. Mai (in der Brutzeit) wurden vom Bauherrn 255 Bäume gefällt, darin eingeschlossen, einige über hundertjährige Bäume, die noch aus der Zeit des ursprünglichen Schlossgartens stammten.

Am 29. März 2007 wurden die „Schloss-Arkaden“ eröffnet.

Ab 1855 wurde nach einem Entwurf von Ernst Rietschel eine von dem Erzgießer und Kupfertreiber Georg Howaldt gefertigte erste Quadriga mit der Brunonia auf dem Mittelteil des Schlosses montiert. In den Jahren 2006/2008 wurde eine dritte Version der Quadriga auf Grundlage eines Originalmodells Rietschels, das im Maßstab 1:3 in Dresden erhalten geblieben war, gefertigt. Diese wurde am 23. Oktober 2008 auf dem Mittelteil des Gebäudes aufgestellt.

Wenn ich heute den Bohlweg entlangkomme oder über den Schlossplatz gehe, habe ich Erinnerungen an meine frühe Jugend. Das Schloss gehört dorthin, aber nicht was dahinter ist.

 


¹ Die ECE Projektmanagement GmbH & Co. KG ist ein deutsches Unternehmen mit Hauptsitz in Hamburg, das gewerbliche Großimmobilien entwickelt, umsetzt, vermietet und betreibt.

 

Biografie

Karl-Christian Amme, geboren 1936 in Braunschweig
Erlernter Beruf: Karosserie-+ Fahrzeugbauer
Studium an der Fachhochschule für Karosserie- + Fahrzeugbau in Hamburg
Abschluss: Ing. (grad.) für Fahrzeugtechnik
Nach Eintritt in die Rente Praktikum als Fotograf
Kleinere Ausstellungen, in der Hauptsache Fotografie im Bereich Jazz

Von abgeblättert bis Neon
Vivien Slopianka

Statement: Von abgeblättert bis Neon – Werbung Braunschweiger Firmen auf Hausfassaden

2006 fing ich an, gemeinsam mit Dieter Bätge (gelernter Schriftenmaler), noch vorhandene, alte Fassadenbeschriftungen Braunschweiger Firmen abzulichten. Bald kamen auch Aufputzwerbungen und Neonreklamen hinzu.

Gemeinsam verfassten wir den Bildband „Braunschweig von hinten“, der 2009 veröffentlicht wurde. In diesem Buch sind viele der gesammelten Hausbeschriftungen zu sehen.

Etliche dieser Werbungen gibt es heute nicht mehr oder sind bis zur Unkenntlichkeit verblasst. Der Einzel- und Fachhandel stirbt nach und nach aus und mit ihm die alten Neonreklamen und Werbeschriften, die lange Zeit die Stadtbilder zierten.

Einige davon möchte ich hier im „Regionalen Gedächtnis“ präsentieren.

Biografie

Ausstellungen / Veröffentlichungen
2006 Brunsviga, Braunschweig
2007 Godersa / Fa. Fliesenwinter
2007 Pflegeheim Wendhausen
2008/2009 VBV – Borsigstraße
2009 Ausstellung und Buchvorstellung in der „Alten Schmiede“ der BMA Braunschweig
2009/2010 Universitätsbibliothek der TU Braunschweig
2009 Veröffentlichung des Bildbandes „Braunschweig von hinten“

Türen
Henrike Junge-Gent

Statement: Türen

Insbesondere gegen Ende der 1970er Jahre interessierte mich – damals, wie ich dann feststellte, auch andere Leute – das Thema Türen. Es gibt davon in meinem Archiv verschiedene Werkgruppen. Die hier ausgewählten Beispiele stammen wie viele weitere aus dem ehemaligen Land Braunschweig und aus der Gruppe der Beispiele aus dem 19. Jahrhundert. Zur Aufnahmezeit war das Niedersächsische Denkmalschutzgesetz entweder noch gar nicht oder erst seit kurzer Zeit in Kraft.

Das Historische Museum Schloss Gifhorn hat seinerzeit alle Beispiele aus dem Landkreis Gifhorn angekauft.

Alle Aufnahmen bis auf eine zeigen das Motiv bildparallel.

Biografie

Studium an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig, erstes und zweites Staatsexamen, Promotion in Kunstwissenschaft. Veröffentlichungen zum Kunstsammeln, zur Rezeption der Klassischen Moderne, über Junge Kunst und zur Fotografie. Ausstellungsbeteiligungen Fotografie, Einzelausstellungen der Serie „Türen“, Ankauf durch das Museum im Schloss, Gifhorn.

Steinabtritt
Ernst Wagner

Statement: Steinabtritt

Regionaler Sandstein aus Velpke war der Baustein des alten Braunschweiger Schlossgebäudes und diente zum Bau des Heinrichsbrunnens am Hagenmarkt. Als Pflastersteinplatten bedeckt er noch heute einige Plätze im historischen Zentrum Braunschweigs. Dank seiner besonderen Widerstandsfähigkeit gegen Druck und Witterungseinflüsse vermitteln ihm Einlagerungen und Abrieb im Verlauf von Jahrhunderten ein regionales Gedächtnis. Um die erinnerungsgetränkten Spuren zu lesen, zu interpretieren und zu bewahren, könnte uns die Fotografie behilflich sein.

Biografie

Ernst Wagner, geboren 1944 in Bad Wiessee, aufgewachsen in München, Beruf Chirug, wohnhaft Braunschweig.

Alt-Neu-Architektur Braunschweig
Andreas Bormann

Statement: Alt-Neu-Architektur Braunschweig

Meine Fotoarbeiten zeigen das Thema „Alt-Neu“ in der Architektur in Braunschweig. In den ausgewählten Beispielen soll durch den stark begrenzenden Ausschnitt und den bewusst gewählten Standpunkt ein Dialog zwischen den architektonischen und den städtebaulichen Begegnungen herausgestellt werden. Die Gegensätze Alt und Neu erfahren so figurativ, strukturell, räumlich, konstruktiv und farbig ihre klare und sich gegenseitig erfrischend bestätigende Gegenüberstellung. Ich wünsche mir, dass hierdurch bekannte Braunschweiger Situationen überraschend neu erfahren werden können.

Die Fotografien gehören zum „Regionalen Gedächtnis“ von Braunschweig, weil die gezeigten Architekturbeispiele mit ihren Entwürfen auf das Bestehende reagieren und somit für einen gewissen Zeitraum versuchen, das Stadtbild zu vervollständigen. Darin zeigen sich auch die Haltung der jeweiligen Stadtpolitik und der Stand der Architekturentwicklung.

Insgesamt habe ich den Eindruck, dass Braunschweig – im Vergleich zu anderen ebenso großen Städten in Deutschland (West) – weniger architektonische Alt-Neu-Begegnungen hat, was an der 40-jährigen deutsch-deutschen Grenzlage liegen könnte.

Biografie

Andreas Bormann, 1964 geboren in Hannover, 1990–2001 Architekturstudium, Fotoassistenz an der TU, Gasthörer an der HBK im Bereich Fotografie, 1994–2004 Dozent für Fotokurse an der VHS Braunschweig, seit 2002 Freie Fotografie (Architektur, Veranstaltungsdokumentation, Kunst)

Seit 1994 bis 2015 regelmäßige Beteiligung an den Mitgliederausstellungen im Museum für Photographie Braunschweig
1998 Fotoausstellung Braunschweiger Profile
2000 Jahreskalender der TU Braunschweig
2007 Fotoausstellung bei O.M. Architekten in Braunschweig
2008 Wanderausstellung „Low-Budget-Häuser“ der Architekturkammer Niedersachsen
2015 Fotoausstellung Braunschweig Alt-Neu-Architektur in der Graphischen Werkstatt Hinz & Kunst

 

Damals im Heute
Axel Grüner

Statement: Damals im Heute

Die Kaiserzeit um 1900 spiegelt sich in den reich verzierten Fassaden der Häuser, in denen heute Smartphone und Digitalkamera zu den Alltagsutensilien ihrer Bewohner gehören. Wo früher Pferdekutschen über Kopfsteinpflaster rollten, beherrschen jetzt moderne Automobile dicht an dicht das Straßenbild. Das „Damals“ im heutigen Umfeld zeigen Aufnahmen aus dem Östlichen Ringgebiet von Braunschweig im Jahr 2014.

Geht es um Braunschweig, so zeigen Reiseführer, Postkarten, Kalender und Plakate vorwiegend als geschichtsträchtige Orte den Altstadtmarkt, den Kohlmarkt, den Burgplatz oder das Magniviertel. Das Östliche Ringgebiet zwischen Oker (östlicher Umflutgraben) und Prinzenpark bzw. zwischen Gliesmaroder Straße und Stadthalle rückt dagegen in den Hintergrund und ist, außer vielen Braunschweigern und den Stadt- und Architekturexperten, vergleichsweise weniger bekannt. Doch hier leben heute Menschen, zu deren Alltagsutensilien Smartphones, Flachbildschirm und Digitalkamera gehören, in zahlreichen Häusern, die noch aus der Kaiserzeit stammen und über 100 Jahre alt sind. So wie das Großbürgertum seinerzeit, lebt man hier auch heute noch in komfortablen Wohnungen mit großen Räumen und hohen Decken, zum Teil mit Stuck verziert. Prachtvolle Fassaden mit reicher Ornamentik, häufig im Jugendstil, vermitteln ein Gründerzeitambiente. In einigen Bereichen wie etwa in der Adolfstraße oder in der Jasperallee ist der repräsentative Charakter eines noblen Wohnquartiers bestens erhalten. Diese gepflegten und ehrwürdigen alten Gebäude sind nunmehr umgeben von den Attributen des 21. Jahrhunderts: moderne Geschäfte, Aluminiumfenster, hier und da moderne Haustüren, Antennen auf dem Dach, grüne, schwarze und gelbe Mülltonnen aus Kunststoff im Hinterhof und davor moderne Straßenlaternen, in denen nun kein Gasflämmchen mehr brennt.

Ganz besonders hat sich das unmittelbare Straßenbild geändert. Dort, wo früher Pferdekutschen über Kopfsteinpflaster rollten, fahren und stehen heute dicht an dicht moderne Automobile in allen Farben und Formen. Stellplätze und Garagen sind knapp und ob man sich zu Fuß oder mit dem Wagen durch dieses Gebiet bewegt, das Auto befindet sich immer beherrschend im Blickfeld als besonderer Kontrast zu den Fassaden aus der Kaiserzeit. So spiegelt sich die alte Zeit in Fenstern und in den Karosserien der Fahrzeuge… Trotz allem hat sich dieser Stadtteil seine Attraktivität und seinen besonderen Charme bewahrt und gilt auch heute als eine sehr begehrte Wohngegend.

Biografie

Axel Grüner, Jahrgang 1946, geboren in Berlin, aufgewachsen in Luxemburg; dort Abitur an der Europaschule; Dipl.Ing. für Maschinenbau, TU Braunschweig.
Berufstätigkeit bei Rollei, Olympia, Management der VW AG.
Autodidakt und überzeugter Amateur aus Leidenschaft.

Aktuelle Tätigkeiten
Vorstandsmitglied im Museum für Photographie, Braunschweig.
Co-Leitung der Arbeitsgemeinschaft für Fotografie der VHS-BS
Gasthörer an der HBK Braunschweig, Bereich Fotografie

Ausstellungen
Fünf Einzelausstellungen in Braunschweig und Wolfsburg (1978 – 2015)
Fünf Gruppenausstellungen in Braunschweig (2014 – 2015)

Veröffentlichungen
Buch „Wahrzeichen“, Kirchen der Propstei Braunschweig
„Bilder aus dem Krankenbett“, Zeitschrift Fotomagazin
„Vier aus den 50ern – ein Vergleich“, Zeitschrift Photodeal

Auszeichnungen
Erster Preis, regional, Fotowettbewerb „Blende 2008“
Erster Preis, Fotowettbewerb Woche der Kunst in Braunschweig, 1977

OP Bunker
Andreas Gießelmann

Statement: OP Bunker

Der OP Bunker Celler Straße.

Im Jahr 2010 hatte ich im Rahmen einer Sonderführung mit Braunschweigs Bunkerexperten Wolfgang Ernst die Gelegenheit diesen Bunker zu dokumentieren.

Es ist ein Ort voller Tristesse und klinischer Kälte, historisch bedeutsam und architektonisch hoch interessant. Fünf Etagen, zwei Fahrstuhlschächte, 1.000 Plätze, zwei OP-Säle, Kreißsaal, Küche, 1,26 Mio. Reichsmark. Beispielhaft für seine Zeit.

Dies sind einige Fakten des Resultats einer politischen Extremsituation, aus der für die Insassen eines Bunkers eine menschliche Extremsituation resultiert.

Mein Ziel war es, auf minimalistische Weise die Tristesse und Dichte dieses Ortes zu vermitteln. Ich habe mich entschieden die ursprünglich in Farbe aufgenommenen Fotografien in schwarz-weiß zu wandeln, um den Fokus auf das Motiv zu lenken.

Auch dieser Beitrag ist Ergebnis meines fotografischen Schwerpunkts, der Dokumentation von Hinterlassenschaften unserer Zivilisation.

Biografie

Andreas Gießelmann, geboren 1972 in Bad Oeynhausen, lebt seit 2009 in Braunschweig, fotografiert seit seinem 12. Lebensjahr.
Seit 2008 ist der fotografische Schwerpunkt der urbane, speziell industrielle Verfall. Autodidakt.