Uwe Brodmann, 1944 in Hohne bei Celle geboren, lebt und arbeitet als freischaffender Fotograf in Braunschweig. Seit über 30 Jahren beschäftigt Brodmann die fotografische Auseinandersetzung mit Architektur, Industrie, Landschaft und Mensch. Bei seinen Landschaftsarbeiten spielt besonders die Panoramafotografie eine wichtige Rolle. Die alte russische Horizont Panoramakamera, mit dem 120 Grad Blickwinkel, verleiht Brodmanns Arbeiten eine ausdrucksstarke Weite im Bild, welche sich insbesondere in den landschaftlichen Linien und Strukturen der bewirtschafteten Felder und Flächen wiederspiegelt. Da reiht sich, wie mit einem Lineal gezogen, Ordnung an gänzlich chaotischen Wildwuchs. Die stillen und minimalistischen Aufnahmen, welche überwiegend in extremen Quer- und Hochformaten aufgenommen wurden, sprechen eine klare Bildsprache. Statt auf spektakuläre Motive aus fernen Ländern, konzentriert sich Uwe Brodmann auf die Landschaft vor der eigenen Haustür. Die Schwarz-Weiß-Fotografien, die nahezu alle im Umkreis einer Autostunde von Braunschweig entstanden sind, sind weitestgehend menschenleer. Das ursprünglich für Stadtdokumentationen genutzte Panoramaformat, gebraucht Brodmann als künstlerische Möglichkeit um die Braunschweigische Kulturlandschaft mit seiner bescheidenen, aber dennoch beeindruckenden Vielfalt festzuhalten. [sa]
Archive
Landschaft
Spargelernte, Peine
Christa Zeißig
1954 in Eschwede geboren, lebte und arbeitete Christa Zeißig als freie Fotografin und Künstlerin in Wolfenbüttel. 11.000 Kilometer fuhr sie nach eigener Aussage durch das Braunschweigische Land, um mit ihrem unvergleichlichen bildlichen Gespür das Besondere der niedersächsischen Landschaft zu entdecken. Christa Zeißig hat Land, Landschaften, Architektur und Menschen fotografiert und authentische Zeugnisse des Landlebens im nördlichen Harzvorland geschaffen. In „Spargelernte, Peine“ (1993) entwarf Zeißig mit detailreichen, subtilen Schwarz-Weiß-Aufnahmen ein lebendiges Portrait der vielfältigen Arbeiten der Erntezeit, in deren beschwerlichen Arbeitsalltag die moderne Technik nur sporadisch Einzug gehalten hat. Neben Übersichtsansichten zeigen die Fotografien auch Detailaufnahmen. Zeißigs Zugriff auf die Arbeiten auf dem Feld im Peiner Land zeugt einerseits von Vertrautheit, da sie die Region persönlich kannte, andererseits blieb sie aber immer beobachtende Fotografin. Hierbei ist die beinahe physische Anteilnahme, die in Zeißigs Fotografien durchschwingt, charakteristisch für ihre Art der Fotografie, wie beispielsweise die Aufnahmen einzelner Arbeiterinnen bei der Ernte zeigen. Die von Zeißig dokumentierte intensive und harte Arbeit wurde meist in Familienbetrieben geleistet, so dass Zeißigs Arbeiten auch kleinere Familienverbände portraitieren. Im heutigen Prozess der Landflucht und Urbanisierung bewahrt Zeißig mit ihrer sachlichen, aber auch einfühlsamen Serie „Spargelernte, Peine“ ein Stück ländliche Tradition. [sa]
Ernteeinsatz Tucheim
Helfried Strauß
„Fotografieren ist für mich eine Art zu leben und hat viel mit Finden und Sammeln von Einzigartigem zu tun.“ (Helfried Strauß im Künstlerstatement der HGB Leipzig)
1943 in Plauen, Sachen Anhalt geboren, war Helfried Strauß 30 Jahre lang (1978-2008) Lehrer an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst. Er war mitverantwortlich für die Begründung des internationalen Rufes der fotografischen Ausbildung in Leipzig. Auch heute noch ist die Fotografie für den emeritierten Professor ein zentraler Punkt seines Lebens. Sein privates Archiv umfasst mehr als tausend Aufnahmen. Als aufmerksamer Beobachter, mit dem Blick für den spannungsreichen Moment, hat er seine dokumentarisch-künstlerischen Fotografien geschaffen. Strauß Schwarz-Weiß-Aufnahme des Ernteeinsatzes Tucheim in Mecklenburg zeigt deutlich, dass er ein sehr empathischer und teilnehmender Fotograf ist. Er fotografiert aus der Mitte der erschöpften Arbeiter heraus und lässt den Betrachter so aktiv am Geschehen der Erntearbeit teilnehmen. Nach einem beschwerlichen und schweißtreibenden, langen Arbeitstag erholen sich die Helfer gemeinsam auf dem Rasen. Eine Szene, die durch den Einzug der Technik und Modernisierung so heutzutage nicht mehr vorkommt. Somit hält Strauß als fotografischer Chronist ein Stück ländliche Gewohnheit und Tradition für die Nachwelt fest. Die Aufnahme zeigt insbesondere auch die große menschliche Nähe, die für Helfried Strauß fotografisches Werk charakteristisch ist. [sa]
Norddeutsche Landschaften
Jutta Brüdern
Jutta Brüdern, aufgewachsen in Watenbüttel, lebt und arbeitet als selbstständige Fotografin in Braunschweig. Die ausgebildete und geprüfte Fotomeisterin, die sich auf dem angesehenen Gebiet der Sakralfotografie einen Namen gemacht hat, beschäftigt sich in ihren Arbeiten hauptsächlich mit den Schwerpunkten Bau- und Kunstgeschichte, bildende Plastik, Kultur-, Technik- und Naturdenkmäler, norddeutsche Landschaften und Portraits. Speziell die Aufnahmen der norddeutschen Landschaft und Portraits aus dem niedersächsischen Harzvorland, unweit von Braunschweig, fesseln auf den ersten Blick. Es ist vor allem die Einbeziehung von Licht und Schatten, die diese Fotografien so besonders machen. Unwillkürlich erweckte Details, die durch das Wechselspiel von Licht und Schatten auftreten, machen jedes einzelne Bild für den Betrachter zu einem Erlebnis. In den Schwarz-Weiß-Aufnahmen, die in den 1960er-Jahren entstanden, spielen gerade die Menschen eine zentrale Rolle. Brüdern dokumentiert mit einer feinen Abstufung von Grautönen, wie die Handwerker ihrer täglichen Arbeit als Schuster nachgehen oder wohlverdient den Lebensabend auf dem Land genießen. Sie hält in ihren schlichten, ländlichen Motiven und Dorfansichten das fest, was mittlerweile vielerorts bereits zur Vergangenheit geworden ist und immer weiter in Vergessenheit gerät. [sa]
Zwischenzeit
Ommo Wille
Ommo Wille wurde 1959 in der friesischen Kreisstadt Jever geboren und lebt als freier Künstler in Berlin. Er studierte Freie Kunst an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig und lehrt seit 2000 als Gastdozent der Fakultät für Bildende Kunst an der UdK Berlin. Neben der Fotografie beschäftigen ihn außerdem die Malerei und die Zeichnung, insbesondere in den Bereichen Illustration und Landschaft. Mit der Wanderausstellung „Duckomenta / Enten & Kunst“ gelang Wille gemeinsam mit befreundeten Künstlern auch der internationale Durchbruch.
In seinen fotografischen Arbeiten setzte sich Wille unter anderem mit dem ehemaligen Grenzland der Deutschen Demokratischen Republik auseinander. Dort, wo Westen und Osten an der deutsch-deutschen Grenze aneinanderstießen, dokumentiert Ommo Wille mit seiner Panoramakamera die verschlafenden Dörfer und Landschaften. Dörfer, die nach der Wende und Wiedervereinigung aus ihrer Randlage gerissen wurden und bis heute die Strukturbrüche aufarbeiten. Die Schwarz-Weiß-Aufnahme in der Sammlung Braunschweigische Landschaft zeigt die Auswirkung des Zerfalls auf einem ehemaligen Gutshof bei Harbke unweit von Helmstedt und das alte Steingrab neben dem Grundstück. Die jahrhundertealten Gebäude bieten einen Anblick wie nach einer Kriegszerstörung. Auch hier fotografiert Wille mit dem 120 Grad Blickwinkel der Panoramakamera und hält so die ungeschönte Veränderung des einst prächtigen Anwesens fest. [sa]
Agrarlandschaften
Heinrich Riebesehl
„Mir war klar, wenn ich mit der Ausbildung fertig bin, dann werde ich nicht Drogist, sondern Fotograf.“ (Heinrich Riebesehl in einem Gespräch mit Ulrike Schneider, 2004)
Der 1938 im Emsland geborene Heinrich Riebesehl studierte in der Werkgruppe Fotografie bei Prof. Dr. Otto Steinert an der Folkwangschule für Gestaltung in Essen. 1972, kurz vor Abschluss seines Studiums, war Riebesehl gemeinsam mit befreundeten Fotografen Mitbegründer der Spectrum Photogalerie in Hannover – eine der ersten Galerien Europas mit dem Schwerpunkt Fotografie, die dann sieben Jahre später in das neu eröffnete Sprengel Museum integriert wurde. In dieser Zeit entstanden einige der bedeutendsten Serien Riebesehls. Darunter „Menschen im Fahrstuhl“ (1969), „Situationen und Objekte“ (1973-77) und „Agrarlandschaften“ (1976-79). Insbesondere die Handschrift der Bildserie „Agrarlandschaften“ prägte den dokumentarischen Stil der Fotografie in Deutschland.¹ Drei Jahre reiste Riebesehl dafür durch Niedersachsen und erkundete mit distanziertem Blick und hoher Präzision die norddeutsche Landschaft. Dabei entstanden über 3.000 Negative, von denen schließlich 78 Schwarz-Weiß-Aufnahmen den Weg in die Serie fanden. Das Augenmerk des Fotografen lag hierbei vorrangig auf ganz alltäglichen Ansichten und Situationen, an denen im Normalfall achtlos vorbeigegangen wird. Riebesehl hingegen blieb stehen, drückte auf den Auslöser und wurde so zum Chronisten der vielfältigen niedersächsischen Landschaft. Die Bilder sind meist menschenleer und wirken deshalb distanziert, aber dennoch nicht verloren. Um den speziellen und spezifischen Charakter dieser Serie darzustellen, verzichtete er bewusst auf spektakuläre Perspektiven und jegliche fototechnische Manipulation. Sowohl durch den schlichten Stil als auch durch die nüchterne Betrachtung in „Agrarlandschaften“ führte Riebesehl die Landschaftsfotografie auf ein neues Niveau. „Über die Dinge und nicht mit den Dingen Bilder machen“, so beschrieb Heinrich Riebesehl oft seine Art zu fotografieren. Dieses Vorgehen spiegelt sich besonders in dieser wohlüberlegten und aussagekräftigen Arbeit wieder, die ihn auch international bekannt machte. [sa]
¹ Freddy Langer von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung bezeichnete die Serie Agrarlandschaften 2004 als „Meilenstein der deutschen Fotografie“.